Das Schreiben und der Rest – Teil 2: Das WAS (oder: Was schreiben?)
Hier kommt ein neues Kapitel in der Blog-Reihe „Das Schreiben und der Rest“. Beim letzten Mal (Teil 1) haben wir uns „Das WARUM“ angesehen. Warum ich schreibe. Heute geht es um „Das WAS“. Der zweite Teil der Blog-Reihe.
Was schreiben?
Bei der Frage danach, was ich schreiben wollte, stand zunächst einmal die Textform zur Debatte. Sollten es wirklich dicke Bücher sein? Lange Trilogien mit jeweils mehr als 500 Seiten pro Band? Oder doch etwas Kürzeres – so um die 200-300 Seiten? Oder … überhaupt Romane an sich? Was war mit Kurzgeschichten? Oder mit Gedichten? Novellen? Und so weiter und so fort …
Ich war noch nie ein großer Freund von Gedichten. Kamen sie in der Schulzeit dran und mussten interpretiert werden, war ich mir nie so wirklich sicher, was der Dichter oder die Dichterin damit aussagen wollte. Ein bisschen mehr Freude hatte ich an den Versfüßen im Latein-Unterricht. Zum Beispiel in Ovids Metamorphosen. Welch unvorstellbarer Aufwand, alles in dieser Form zu schreiben. Das verdiente meine Anerkennung. Leider hatte ich Latein nach der 11. Klasse nicht mehr.
Da ich damals also vorwiegend Bücher gelesen habe, war mir schnell klar, dass meine Geschichten eine ähnliche Länge haben sollten. Ich orientierte mich an den Abenteuern von Narnia, Star Wars und Harry Potter. Kein Wunder also, dass es in meinen ersten Geschichten einen Helden gab, der erst einmal erfahren musste, dass er der Auserwählte war, um seine oder eine andere Welt zu retten.
Hätten wir das nun also geklärt. Bücher. Ich wollte Bücher schreiben. Eine Ansammlung an dünnen Seiten, die zwischen Karton gepresst werden und in Schaufenstern und Bücherregalen stehen. Mit schönen Zeichnungen vorne drauf und hinten mit einem Vorgeschmack, was einen im Inneren erwartet. Bücher, in denen man sich stundenlang verlieren kann.
Welches Genre schreiben?
Den ersten Schritt haben wir somit abgehakt. Aber bevor ich ein richtiges Buch schreiben konnte, brauchte ich eine ungefähre Ahnung, was in ihm vorkommen sollte. In welchen Bücherregalen im Buchladen sollten sie stehen? Hier sind wir beim „Genre“ angelangt. Was es alles für Genre gibt, brauche ich bestimmt nicht zu erzählen. Da reicht ein Blick in die örtliche Buchhandlung oder in manch Online-Plattform.
Ein breites Feld war möglich, doch wie wahrscheinlich jeder anfangende Schreiberling habe ich mich daran orientiert, was ich selbst gelesen habe. Von Hobbits, Elfen, Zwergen, sprechenden Löwen bis hin zu Menschen, die alle einen tierischen Begleiter namens „Dæmon“ hatten.
Warum hätte ich dann also anfangen sollen, einen Liebesroman zu schreiben? Oder einen Krimi? Es war viel zu naheliegend, ebenfalls eine phantastische Geschichte zu Papier zu bringen. Fantasy. Und so ist es dann auch geschehen. Unzählige Ideen zur Handlung eines High Fantasy Romans landeten in alten Schulheften, in denen hinten noch eine roséfarbene oder gelbe Seite Löschpapier gewesen ist (für die Jüngeren: Das hatte etwas mit der Tinte des Füllers zu tun – braucht man heute bei all den Kugelschreibern nicht mehr).
Und dann? Ja, dann habe ich das Schreibprogramm auf meinem PC geöffnet und die ersten Sätze geschrieben. Aus der Ich-Perspektive. Ich hatte nur diese ersten paar Ideen und eine ungefähre Vorstellung, was am Ende passieren sollte. Von „Plot“ oder „Struktur“ hatte ich noch nie etwas gehört. Auch nicht von Schreibratgebern.
Leider ist dann das eingetreten, was vermutlich bei vielen passiert. Ich steckte fest und wusste nicht mehr so recht weiter. Jedenfalls schrieb ich nicht mehr an der Geschichte, sondern hatte schon die Ideen für eine neue. Keinen Tag später öffnete ich also das nächste Dokument und fing an zu schreiben. Und so wiederholte sich das Ganze, ohne dass dabei irgendwann eine echte Geschichte bei herauskam. Nur ein paar Anfänge. Mal ein paar Absätze, mal ein paar Seiten, selten ein paar Kapitel. Ein richtiges Buch ist dabei also nicht herausgekommen.
Hat die Zeit daran etwas geändert?
Und wie es mit der Zeit so ist: Sie macht einen älter. Davon blieb auch ich nicht verschont. Wobei – damals wollte man ja noch älter, endlich erwachsen werden. Was das zunehmende Alter mit dem Schreiben zu tun hatte? Nun, ich musste … bzw. durfte mehr Sachbücher und Lektüren lesen, die ich mir nicht unbedingt selbst ausgesucht hätte. Für meine Fantasy-Bücher blieb also nur noch die halbe Stunde im Bett vor dem Einschlafen. So habe ich es lange, lange praktiziert. Erst in der Schule, später in der Uni oder auf der Arbeit dann quälte ich mich durch manch unschönen Text. Als Ausgleich in meiner Freizeit oder im Urlaub entschwand ich in die magischen Welten von Fantasy-Büchern.
Vielleicht auch deshalb, weil ich immer diese Möglichkeit hatte, meinen Lesedurst zu stillen, verspürte ich nicht den Wunsch, in einem anderen Genre als Fantasy aktiv zu werden. Nach wie vor fühlte ich mich in den phantastischen Welten von Otherland oder dem Aturischen Reich aus dem Namen des Windes wohl. Fantasy für (junge) Erwachsene also. Aus dem Alter der reinen Kinder- und Jugend-Fantasy war ich schon heraus.
Und doch war es eine Abenteuergeschichte eines jugendlichen Helden, die ich dank eines Schreibkurses rund um das Jahr 2011 zum ersten Mal in seiner Gänze geplottet hatte. Von Anfang bis Ende. Ich wusste, was wann passieren, wie sich der Held entwickeln und wie es enden sollte. Oder besser gesagt: Welchen Cliffhanger ich am Ende setzen wollte, damit die Leute unbedingt den zweiten Teil lesen wollen würden.
Vielleicht lag es daran, dass ich mich in gewisser Weise an die unbeschwerten Zeiten als Jugendlicher zurückerinnert habe. Damals, als es neben der Schule nur Hausaufgaben, Sport, Musik und Freunde gab. Als ich mir noch keine Gedanken über den Wocheneinkauf oder Versicherungen machen musste. Als alles irgendwie idyllisch war.
Die Abenteuergeschichte des jugendlichen Helden habe ich tatsächlich zu Ende geschrieben. Leider kam das Leben dazwischen, wie man so schön sagt. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, dass ich schon damals auf den Selfpublishing-Zug gehüpft wäre, aber die Vergangenheit lässt sich nun einmal nicht ändern. Denken wir also nicht weiter darüber nach. Springen wir stattdessen ein paar Jahre weiter.
Mit dem Beginn meiner ersten Arbeitsstelle, direkt nach der Uni, hatte ich noch weniger Zeit zum Schreiben. Unzählige Stunden im Büro ließen die Freizeit schrumpfen und mich abends müde und erschöpft irgendwelche Serien schauen. Es hatte ein bisschen gedauert, dass sich mein Schreibdrang wieder meldete.
Wie entstand Milo?
Ein Jahr später, 2017, war es dann so weit: Träume soll man leben und nicht nur träumen. In einem Urlaub in Bulgarien, ich weiß es noch ganz genau, hatte ich diese Idee von Milo. Beim Warten auf den Shuttle-Bus zum Flughafen sah ich ihn vor mir und wusste, dass ich seine Geschichte aufschreiben musste. Dadurch, dass er ein Teenager war, war auch klar, dass ich mich im Kinder- und Jugendbuch-Bereich bewegen würde. Die nächsten Monate wurde geplottet, die nächsten Jahre geschrieben, überarbeitet, lektoriert, überarbeitet, lektoriert, überarbeitet, korrigiert und letztlich gesetzt.
Und plötzlich war es 2020. Oktober. Der Tag der Veröffentlichung meines ersten Buches. „Milo und das Geheimnis von Polyrica“. Es war eine unglaublich aufregende Zeit – alles war neu, es gab so viel zu entdecken und vor allem zu lernen. Durch die Hilfe und Ratschläge von so manchen erfahrenen AutorenkollegInnen konnte ich den ein oder anderen Fehler vermeiden und war sehr happy mit dem Ergebnis.
Wenn man sein Buch nämlich im Schaufenster einer Buchhandlung sieht und neben einem ein kleines Kind mit seiner Mutter steht, das „Mama, guck mal das Buch da mit dem Rauch“ sagt, und dabei auf das Buch zeigt, kann man sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Hat sich durch die Veröffentlichungen etwas geändert?
Und dann? Was passierte dann? Dann habe ich mich an den zweiten Teil von Milo gesetzt. „Milo und der gestohlene Aventurin“. Schließlich wollten die Leser des ersten Teils mehr von Milo haben und ich hatte noch das ein oder andere Abenteuer für unseren jungen Helden im Hinterkopf. Also stand außer Frage, dass ich mich weiter im Kinder- und Jugendbuch-Bereich aufhalten würde.
Doch es ist auch ein zweischneidiges Schwert. Einerseits möchte ich selbstverständlich meine bestehenden Leser mit weiterem Lesestoff versorgen. Milo Teil 3 wäre da der logische nächste Schritt (gewesen).
Andererseits freue ich mich über alle neuen Leser meiner Bücher. Wer nicht mit Milo im ersten Teil warm wurde, wird es auch nicht im zweiten oder gar einem dritten. Das spräche eher für ein Buch mit einem neuen Helden.
Wie man es meinen Beiträgen auf Instagram und vor allem meinen Newslettern in den letzten Monaten entnehmen konnte, habe ich den zweiten Weg eingeschlagen. Vorerst. In meinem Kopf hat eine Geschichte so stark Radau gemacht, dass ich sie nicht ignorieren konnte. Milo muss warten. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er das nicht ewig tun muss. Die Ideen für sein nächstes Abenteuer sind schon da. Irgendwo in den Tiefen meines Kopfes bzw. auf zahlreichen Notizzetteln in meinen Aufzeichnungen.
Doch, wie gesagt, widme ich mich zunächst einem neuen Helden. Einem, der älter ist als Milo und dementsprechend nicht dem Kinder- und Jugendbuch-Bereich zuzuordnen ist. Der Fantasy möchte ich als „Heim“-Genre aber zunächst treu bleiben. Es wird also (so die aktuelle Planung) ein Fantasy-Roman mit einem erwachsenen Helden. Das Zielgruppenalter variiert demnach, das Genre nur so halb.
Was in Zukunft schreiben?
Was danach kommt? Gute Frage. Irgendwann Milo Teil 3. Vielleicht zuerst ein weiteres Buch mit dem neuen erwachsenen Helden. Je nachdem, wie viel Anklang er in der Welt dort draußen findet. Aber er gefällt mir. Genauso wie damals Milo. Das ist ein gutes Zeichen.
Die Lust, etwas Neues auszuprobieren, ist definitiv ebenfalls vorhanden. Es wäre auch seltsam, wenn dem nicht so wäre. Schließlich entdeckt man als Autor stetig neue Welten, lernt neue Figuren kennen (und lieben/hassen), befasst sich mit neuen Themen usw. Folglich ist es nicht unwahrscheinlich, dass ich mich einem anderen Genre als Fantasy widme.
Fantasy ist damals meine erste Wahl gewesen, weil ich es selbst gerne gelesen habe. Aber wer sagt denn, dass (Kinder- und Jugendbuch)-Fantasy die beste Wahl für mich war (oder ist)? Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Es war die Naheliegendste. Ja. Aber heißt das automatisch, dass es die Beste ist?
Wer weiß – vielleicht habe ich das große Talent in mir, meine Wortwitze und sonstigen lustigen Gedanken in einen humorvollen Roman zu packen. Oder mein jahrelanges Tatort-Gucken sonntagabends hat aus mir einen ganz passablen Krimi-Autoren gemacht. Oder Thriller sind mein wahres Metier. Eine Prise Mystery noch dazu? Oder doch eher Psycho-Thriller?
Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, wie ich es herausfinden kann: Indem ich es ausprobiere. Ob das mit meinem normalen Namen auf dem Buchdeckel passieren wird oder einem Pseudonym, kann ich jetzt noch nicht sagen. Aber wie es wahrscheinlich den meisten AutorInnen ergeht: Am liebsten würde man so viele Bücher wie nur möglich schreiben und veröffentlichen. Wieso dann nicht auch aus verschiedenen Genres?
Ein weiterer Gedanke ist mir ebenfalls gekommen: Nicht immer alles alleine schreiben, sondern in Zusammenarbeit mit jemandem (oder mehreren Anderen). Da würden sich sicherlich so manche Türen und Tore öffnen. Und es würde Abwechslung bringen. Abwechslung von dem doch vorwiegend recht einsamen Schreibprozess. Wenn der/die eine z.B. die ungeraden Kapitel und der/die andere die geraden Kapitel schreibt, kann das bestimmt interessant werden.
Das erinnert mich gerade an das Malen mit einem zweimal gefalteten Blatt Papier, wo der erste den Kopf malt, der zweite nur den Hals sieht und den Oberkörper ergänzt und der dritte dann nur die Hüfte sieht und die Beine und Füße komplettiert. Und wenn man das Blatt auseinanderfaltet, hat man das Ergebnis. Mal passen die Teile zusammen, mal sieht es etwas seltsam aus.
So oder so ähnlich könnte das auch mit Geschichten sein. Nur dass man dann das vorige Kapitel am besten liest, damit man weiß, wo man anknüpfen soll.
Fazit
Was also schreiben? Fassen wir mal zusammen:
- Ich kann für mich sagen, dass ich mich mit Kinder- und Jugendbuch-Fantasy für meine erste Buchreihe wohlgefühlt habe. Fantasy-Bücher haben mich schon immer begleitet, deshalb war es naheliegend, auch selbst in diesem Genre aktiv zu werden.
- Momentan schreibe ich an einem Fantasy-Buch für eine etwas ältere Zielgruppe. D.h. das Genre ist gleich, der Inhalt ein bisschen erwachsener.
- In Zukunft kann es gut sein, dass ich auch andere Genre ausprobieren werde. Das ist ja das Schöne am Autorendasein. Man kann immer wieder neue Dinge ausprobieren und zu Papier bringen.
- Und vielleicht schreibe ich irgendwann mit anderen Autoren zusammen ein Buch. Das würde Abwechslung in den Schreiballtag bringen und womöglich auch neue Perspektiven eröffnen. Nicht zuletzt kann man sicherlich von den anderen den ein oder anderen Kniff lernen.